Immer wieder geben die Benzinpreise an der Zapfsäule zu reden. Wie setzt sich der Preis zusammen und durch welche Faktoren wird er beeinflusst? Anhand eines zufällig gewählten Preisbeispiels an einer Schweizer Tankstelle wird das Wichtigste erklärt.
Etwa 75% der in der Schweiz verbrauchten Treibstoffe für den Strassenverkehr, d.h. Benzin und Diesel, werden als Fertigprodukte importiert. Der Rest wird in der Raffinerie Cressier hergestellt. Ein Grossteil der Importe gelangt über die Rheinschiene nach Basel. Diese Fertigprodukte stammen aus Raffinerien entlang des Rheins sowie aus dem Raum Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen (ARA). Die Seehäfen des ARA-Raumes werden mit Erdöl aus der Nordsee, Afrika und dem Mittleren Osten beliefert. Der ARA-Raum zählt zu den wichtigsten internationalen Handelszentren für Erdöl und Fertigprodukte. Er ist preisbestimmend für den Schweizer Markt und somit für die Benzin- und Dieselpreise an den Tankstellen.
Der Benzinpreis setzt sich aus drei Hauptblöcken zusammen: Beschaffungskosten am internationalen Erdölmarkt inklusive Fracht zur Schweizer Grenze, staatlichen und öffentlich-rechtlichen Abgaben sowie den Vertriebskosten.
Variable Beschaffungs- und Frachtkosten
Der Einstandspreis für Treibstoffe – also Benzin Bleifrei 95, Benzin Bleifrei 98 oder Diesel – an der Grenze in Basel wird durch drei Faktoren bestimmt. Deren wichtigster ist der ARA-Spotmarktpreis, welcher für alle Marktteilnehmer in Westeuropa massgebend ist – und damit auch für Schweizer Importeure und Tankstellen.
Die Höhe dieses ständig ändernden Einkaufspreises für Benzin wird primär durch den Erdölpreis bestimmt, aber auch durch das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage für das Fertigprodukt selbst. Letzterer Effekt zeigt sich dem Autofahrer an der Tankstelle, wenn beispielsweise die Preisdifferenz zwischen Benzin und Diesel zunimmt, als Folge einer – relativ zu Benzin – stärker zunehmenden Dieselnachfrage am europäischen Markt.
Der zweite Faktor ist der Wechselkurs zwischen Schweizer Franken und US-Dollar. Benzin und Erdölprodukte werden generell in US-Dollar gehandelt. Somit können sich Veränderungen des Wechselkurses direkt auf den Benzinpreis an der Zapfsäule auswirken. Ein gegenüber dem Dollar erstarkender Franken kann zu einem tieferen Benzinpreis an der Tankstelle beitragen oder auch die Wirkung eines Benzinpreisanstiegs am Spotmarkt auf den Zapfsäulenpreis dämpfen.
Und drittens spielen die Rheinfrachtkosten eine Rolle. Tiefe Pegelstände erhöhen beispielsweise die Frachtpreise, da die Tanker nicht voll laden können.
Je nach Konstellation können sich diese drei Faktoren in ihrer Wirkung aufsummieren oder auch gegenseitig aufheben.
Fixe und variable Abgaben sowie Aufwendungen
Mehr als die Hälfte – und damit der grösste Teil des Benzinpreises – wird durch staatliche Abgaben verursacht. Diese fallen mit dem Inverkehrbringen des Treibstoffs in der Schweiz an.
Die fixen Abgaben Mineralölsteuer, Mineralölsteuerzuschlag und Importabgaben verteuern das Benzin um etwa 77 Rappen pro Liter. Und schliesslich fällt als variable Abgabe auf der Summe all dieser Abgaben plus dem Warenwert die Mehrwertsteuer von 8,1% an. Damit wird deutlich, dass der Staat von hohen Benzinpreisen profitiert.
Insgesamt machen die aus dem Verkauf von Benzin und Diesel resultierenden Steuereinnahmen von rund 5,6 Mrd. Franken rund 8,1% der Fiskaleinnahmen des Bundes aus. Hinzu kommen die zur Erfüllung der CO2-Kompensationspflicht für Importeure und Produzenten entstehenden Aufwendungen (in Kraft seit 1. Januar 2013).
Vertrieb in der Schweiz
Der dritte Kostenblock im Benzinpreis ist der Vertrieb im Inland. Hierbei handelt es sich um die Differenz zwischen dem Preis an der Tankstelle und der Summe aus Beschaffung und Abgaben. Darin sind sämtliche dem Mineralölunternehmen beim Vertrieb von Benzin in der Schweiz entstehenden Aufwendungen enthalten. Diese umfassen beispielsweise Kosten für Lagerung, Transport, Logistik, Marketing, Amortisation von Tankstellen usw.
Dass der Wettbewerb unter den Firmen spielt, belegen die regional teilweise recht unterschiedlichen Tankstellenpreise. Diese illustrieren zudem, dass Kosten und insbesondere Gewinnerwartungen nicht einfach auf die Automobilisten überwälzt werden können, sondern nur in dem Masse, wie es die örtliche Wettbewerbssituation zulässt.
Zusätzliche Opportunitäten neben dem Treibstoffverkauf schafft die seit Jahren zu beobachtende Tendenz hin zu Tankstellen mit Shops, was einmal mehr belegt, dass Wettbewerb die Kreativität belebt und über die Preise auch dem Konsumenten zugutekommt.