Erstmals wird in der Schweiz eine neue Sorte von Bioheizöl getestet. Ein zukunftsweisender Schritt im Bereich Ölheizungen.
Besitzer von Ölheizungen haben es nicht einfach. Obwohl Heizöl mit rund 40 % Anteil der wichtigste Wärmeträger der Schweiz bleibt, stehen die Ölheizungen seitens Politik regelmässig unter Beschuss.
Die beachtlichen Heizöl- und damit CO₂-Einsparungen der letzten Jahre (über 40 % seit 1990) – dank immer effizienterer Technik (Brennwerttechnik) sowie Kombinationslösungen wie zum Beispiel mit Solarenergie – werden kaum gewürdigt.
Vielmehr gibt es immer neue Initiativen gegen Ölheizungen, etwa mit den Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn 2014) oder der verschärften Luftreinhalte-Verordnung.
Diese düsteren Rahmenbedingungen halten aber nicht den Pioniergeist in der Heizölbranche ab. Eine Innovation soll die Zuverlässigkeits- und Klimaschutzanliegen unter einen Hut bringen: Eine neue Sorte von Bioheizöl ist bereits in der Testphase und stellt eine weitere Möglichkeit zur CO₂-Reduktion dar.
Hauseigentümer helfen dabei, das Produkt Heizöl weiterzuentwickeln. Francesco Sulmoni, ehemaliger Servicemonteur bei der Firma Hoval, ist einer davon: «Ich habe mich für den Test bereit erklärt, da ich offen bin für neue Wege.»
Bioheizöl ist nicht zu verwechseln mit Ökoheizöl schwefelarm, wie es heute schon vielerorts im Einsatz ist. Vielmehr wird ein Grossteil des Bioheizöls aus pflanzlichen oder tierischen Abfallstoffen oder Altspeiseöl gewonnen. Ausgangsstoffen also, die nicht oder nicht mehr als Nahrungs- oder Futtermittel eingesetzt werden können.
Um 50 bis sogar 80% kann der CO₂-Ausstoss da- durch im Vergleich zu herkömmlichem Heizöl gesenkt werden.
Ölheizungen laufen einwandfrei
In enger Zusammenarbeit mit den Kesselherstellern Müba Energietechnik AG und Hoval AG laufen bereits seit einigen Monaten Tests bei zwei Endkunden, deren Ölheizungen anstatt mit herkömmlichem Heizöl mit Bioheizöl HVO betrieben werden – und dies ohne jegliche technischen Anpassungen an den Anlagen.
Gegenüber fossilem Heizöl büsst man mit Bioheizöl nicht an Komfort ein. Peter Mügeli, CEO der Firma Müba, betreibt zu Hause eine Heizung mit Bioheizöl: «Die Anlage wurde im Mai 2018 das erste Mal befüllt und ist den Sommer durch auch bei den Kaltstarts immer ohne Probleme angelaufen. Auch zeigen sich keine Schwierigkeiten im Teillastbetrieb in den Sommermonaten. Der Betrieb mit HVO ist absolut vergleichbar mit fossilem Brennstoff.»
Professionelle Begleitung
Fachpersonen begleiten die Praxisversuche eng, führen Messungen und regelmässige Kontrollen durch. Mit einem äusserst positiven Fazit nach den ersten Monaten: Beide Ölheizungen laufen einwandfrei mit HVO, die Abgasmessungen weisen sehr gute Werte auf.
Markus Knecht, Segment-Manager bei Hoval, erklärt: «Der Brenner konnte ohne irgendwelche Anpassungen in Betrieb genommen werden, und die Anlage läuft seitdem störungsfrei. Die Grenzwerte der Luftreinhalte-Verordnung wurden bisher in jeder Messung bestens eingehalten.»
In den nächsten Monaten sollen die Tests in Zusammenarbeit mit weiteren Kesselherstellern auf zusätzliche Anlagen ausgeweitet werden.
Positive Erfahrung im Ausland
Sicher aber scheint schon heute: HVO könnte eine Lösung der Zukunft sein, ganz nach Vorbild unserer Nachbarländer. In Baden-Württemberg etwa besteht eine ähnliche Gesetzgebung, wie sie in der Schweiz in den meisten Kantonen im Rahmen der «Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich» (MuKEn) vorgesehen ist.
Bei der Umsetzung der Vorschriften ist im deutschen Bundesland Bioheizöl jedoch bereits ein wichtiger Bestandteil: Eine prozentuale Beimischung von Bioheizöl zu herkömmlichem Heizöl ist dort eine akzeptierte Lösung zur Erfüllung des vorgeschriebenen Anteils an erneuerbarer Energie. Eine Lösung, wie sie auch in der Schweizer Politik diskutiert werden muss. Denn über Hunderttausende Hausbesitzer und ihre Ölheizungen dürfen nicht einfach ignoriert werden.
Frühere Versuche mit Bioheizöl In Deutschland, Österreich und der Schweiz wurden schon vor rund zehn Jahren erste Tests mit verschiedenen Bioheizölen durchgeführt, die die Einsatzmöglichkeit dieser Alternativen bestätigten. In Baden-Württemberg ist Fettsäuremethylester (kurz FAME), eine andere Sorte von Bioheizöl, seit acht Jahren erfolgreich im Einsatz und in Norwegen seit etwa drei Jahren. Bei der Lagerstabilität überzeugte dieses in der Schweiz nicht gänzlich. Weil es kein gesättigtes Öl ist, kommt es schneller zu einem Oxidationsprozess und dadurch zu Verschlammungen. In Norwegen war dies kein Problem, da dort kleinere Tanks im Einsatz sind, die schneller leer sind. Anders sieht es in der Schweiz, in Deutschland und Österreich aus, wo grössere Tanks verbaut sind.
Hydriertes Pflanzenöl, kurz HVO, hat ähnliche oder gar die gleichen Inhaltsstoffe wie FAME. Jedoch wird bei der Herstellung zusätzlich mit Wasserstoff gearbeitet. Dies macht HVO zwar etwas teurer, sorgt aber für eine Sättigung des Öls und damit für eine höhere Lagerstabilität. |