Die Energiepreise zu Beginn des neuen Jahres lassen durchaus Vergleiche zu mit jenen vor dem Beginn des Ukrainekrieges vor Jahresfrist. Bei dieser verhältnismässig entspannten Lage könnte es sich allerdings um die Ruhe vor dem Sturm handeln. Die kommenden Wochen sind durch viele Unwägbarkeiten bestimmt.
- Europa sägt am Ast, auf dem es sitzt, und das Auffangnetz ist noch nicht fertig gestrickt. Anfang Februar wird die dritte Phase des Boykotts russischer Energie eingeleitet: nach dem Stopp von Rohölimporten auf dem Seeweg und über die Druschba-Pipeline trifft es dann auch die Produkte. Noch ist unklar, ob und wie diese Versorgungslücken gestopft werden. Auf jeden Fall wird die Resilienz der Energieversorgung auf die Probe gestellt.
- Was macht der Winter in Europa? Die bisherigen warmen Temperaturen haben wesentlich zur Entspannung der Energieversorgungslage beigetragen. Aber noch sind wir für dieses Mal nicht über den Berg, es sind längere Kälteeinbrüche möglich und zumindest in Teilen Europas wahrscheinlich. Der Dezember hat gezeigt, dass kaltes Wetter rasch zum Schwinden der vermeintlich gut ausstaffierten Reserven führen kann.
- Wie verhält sich die OPEC? Das Produzentenkartell gibt sich mit dem aktuellen Preisniveau kaum zufrieden. Viel eher als mit einer Produktionssteigerung ist mit weiteren Kürzungen oder dem Festhalten am Status quo zu rechnen.
- Was geschieht mit der Nachfrage in China? Derzeit macht die Volksrepublik eine Covid-Infektionswelle durch, deren Ende jedoch absehbar ist. Dann könnte der grösste Ölimporteur zu einer beispiellosen Konsum-Aufholjagd ausholen. Startpunkt ist möglicherweise bereits das chinesische Neujahrsfest vom 22. Januar.