Sprache auswählen

Die Jahresmitte bietet sich an, eine Zwischenbilanz zu den Entwicklungen im globalen Ölmarkt zu ziehen. Die Weltwirtschaft hat sich in diesem Jahr bisher überraschend robust gezeigt, was unter anderem am Einkaufsmanagerindex erkennbar ist, der im ersten Quartal 2024 stets über 50 lag und damit eine Ausdehnung der industriellen Produktion voraussagt.

Auf der anderen Seite stehen die Produktionskürzungen beim Erdöl, an denen die OPEC+-Staaten weiterhin festhalten, sowie die Konfliktherde im Nahen Osten, die eine stete Bedrohung der Versorgungslage darstellen. Der Rohölpreis hat im ersten Quartal mit einem deutlichen Anstieg auf diese Situation reagiert, sich in der Zwischenzeit aber wieder auf dem Niveau von Ende 2023 eingependelt. 

So wirkte sich auch die jüngste Eskalation im Konflikt zwischen Israel und der radikalislamischen Hisbollah an den Ölbörsen nur kurzzeitig preissteigernd aus. Dies lag unter anderem daran, dass die Befürchtung der Marktteilnehmer, es könne zu einem flächendeckenden Konflikt im Nahen Osten kommen, der auch das Ölangebot aus der Region massgeblich beeinträchtigen dürfte, bald gemindert wurden. Nichtsdestotrotz machte der Raketenangriff auf ein drusisches Dorf in den Golanhöhen, den Israel der Hisbollah zuschreibt, wieder einmal deutlich, wie schnell die Lage im Nahen Osten ausser Kontrolle geraten könnte. 

Im ersten Quartal 2024 stieg die globale Nachfrage nach Erdöl gegenüber der Vorjahresperiode von 100 Millionen auf beinahe 102 Millionen Fass pro Tag. Für das gesamte laufende Jahr prognostiziert die Internationale Energieagentur IEA eine Nachfrage von 103 Millionen Fass pro Tag, was rund einer Million mehr entspräche als im Vorjahr. Demgegenüber hinkt das Angebot der Nachfrage etwas nach, was zu einem Abbau der Lagerbestände führt und den Ölpreis tendenziell nach oben treibt, insbesondere wenn die OPEC+ an der Produktionskürzung festhält. Diese Kürzungen werden allerdings teilweise durch Produktionssteigerung in Nordamerika aufgefangen. Die Analysten der Investmentbank Goldman Sachs gehen davon aus, dass die Rohölproduktion der USA im laufenden Jahr um 0,5 Millionen Fass pro Tag höher ausfallen dürfte als noch im Jahr 2023. Die Präsidentschaftswahlen in den USA dürften darauf im nächsten Jahr ebenfalls einen nicht zu unterschätzenden Einfluss haben. Insgesamt rechnen Experten damit, dass der Ölpreis wegen andauernder militärischer Konflikte und politischer Instabilitäten in den nächsten Monaten einer relativ hohen Volatilität unterworfen sein könnte.