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Zwei Megatrends bestimmen die Zukunft des Tankstellengeschäfts: Diversifizierung des Treibstoffangebots und der Einfluss der Digitalisierung auf die Kundenbeziehung.

Auch wenn die Revolution im Treibstoffmarkt auf sich warten lässt (Petrosphäre 4/2017) und Elektromobile trotz intensiver Bewerbung nicht vom Fleck kommen (Textbox): der politische Ruf nach mehr Klimaschutz wird gerade bei der Mobilität stets lauter.

Die Dekarbonisierung der Treibstoffe wird nicht spurlos am Tankstellengewerbe vorübergehen. Mittelfristig soll auf Diesel und Benzin verzichtet werden. Als Ersatz werden im Moment die batteriebetriebenen Elektromobile (BEV) ins Spiel gebracht. Schlechte Perspektiven für Tankstellen? Fakt ist, dass der Druck auf die Automobilhersteller zunimmt, BEV in den Markt stossen. Wie dieser darauf reagieren wird, ist noch offen.

Klar ist aber, dass Batteriefahrzeuge nur in Ausnahmefällen an einer Tankstelle Energie laden. Ladestationen für BEV können überall stehen, wo es Strom hat: Geladen wird zu Hause, bei der Arbeit, beim Einkaufen.

Wenn elektrisch, dann Brennstoffzelle

Falls Elektromobilität einen bedeutenden Marktanteil erzielen sollte, wird es aus Sicht der Tankstellenbetreiber entscheidend sein, dass diese Fahrzeuge ihre Energie über eine mit Wasserstoff (H2) betriebene Brennstoffzelle beziehen.

Rainer Schiffbauer von Pangas erläuterte am Branchentag der Erdöl-Vereinigung die Vorteile von H2 gegenüber Batterien: die Ladezeit ist vergleichbar zum herkömmlichen Tankvorgang, es besteht kein zusätzlicher Platzbedarf, es braucht keine Investitionen in die Stromversorgung. Das für die Tankstellen entscheidende Argument lautet: betankt wird dieses Elektromobil an der Tankstelle, hier befinden sich Know-how, Infrastruktur und Logistik, um mit H2 umzugehen.

Verbrennungsmotor ist kein Auslaufmodell

Aber auch der Verbrennungsmotor ist kein Auslaufmodell, wird er doch dereinst mit synthetischen flüssigen Treibstoffen betrieben werden, sogenannten E-Fuels. Diese werden aus Strom, Wasser und CO2 hergestellt (Power-to-liquid) und sind chemisch identisch mit den Erdölprodukten, bloss dass ihre Verbrennung CO2-neutral ist. Die Firma Sunfire betreibt beispielsweise Pilotanlagen für «E-Crude», synthetisches Rohöl.

In Schiffen, Flugzeugen und Transportfahrzeugen, wo die Batterien chancenlos sind, muss die Dekarbonisierung über E-Fuels erfolgen. Dies ist ein wichtiger Treiber für diese «Brücken- und zugleich Zieltechnologie», wie Udo Weber, Vorsitzender des Verbands UNITI, am Zukunftsforum Tankstelle in Berlin es nannte.

E-fuels sind mit den konventionellen Treibstoffen mischbar, die Dekarbonisierung erfolgt im Fahrzeugbestand. Dank E-Fuels werden auch bisherige Investitionen nicht entwertet, weder seitens der Fahrzeuge noch der Lager- und Transportinfrastruktur.

König Kunde

Viel rasanter als die Treibstoffwelt verändert sich - geprägt von der Digitalisierung - die Kundenpflege. Wer mit seinen Kunden nicht digital kommunizieren kann, wird untergehen. Dies betrifft beispielsweise Investitionsentscheide für Zahlsysteme: bar, Karte oder Smartphone? Bereits werden von einzelnen Unternehmen In-car-payment Systeme angeboten: die Tankfüllung wird vom Fahrersitz aus bestellt und bezahlt. Tankstellen mit Shops werden sich also vermehrt anstrengen müssen, dem Kunden in der realen Welt ein attraktives Angebot zu präsentieren und gleichzeitig den digitalen Kanal nicht zu vernachlässigen.

Verlässlichkeit, Produktequalität, massgeschneiderte Dienstleistungen und Emotionalität stehen im Zentrum der Anstrengungen. «Die Tankstelle muss ein Erlebnisraum werden», postulierte Frank Fleck, der bei Lekkerland AG die Geschäftsentwicklung verantwortet, am UNITI-Zukunftsforum Tankstelle. Er beobachtet, dass viele Shops vermehrte Anstrengungen in ihr atmosphärisches Erscheinungsbild und die direkte Kundenwerbung stecken. Und schliesslich kommt der Schulung des Personals eine bedeutende Rolle zu.

Die Tankstelle hat eine Zukunft, wenn sie die Risiken nicht ignoriert und die Chancen packt, die sich aus den aktuellen Trends ergeben. Bei den Treibstoffen wie bei den Kundenpräferenzen nehmen die Opportunitäten zu. Vieles wird neu und vieles wird bleiben. Tankstellen der Zukunft werden das eine tun, ohne das andere zu lassen. Die Tankstellenwelt wird bunter und bietet den Rundum-Service für den mobilen Menschen.

 

Die Elektro-Revolution lässt weiter auf sich warten

Gemäss auto-schweiz wurden im vergangenen Jahr 17 565 Personenwagen mit «alternativen Treibstoffen» in Verkehr gesetzt, davon waren rund 5000 reine Stromer. Im Gesamtbestand sind die ausschliesslich elektrisch betriebenen Fahrzeuge nach wie vor eine Rarität: Von den mehr als viereinhalb Millionen Personenwagen, die 2017 auf unseren Strassen verkehrten, konnten nicht einmal 15 000 auf den Besuch der Tankstelle verzichten, weil sie ihre Energie allein aus der Steckdose bezogen. Elektromobilität geniesst das Wohlwollen der Politik, aber nicht unbedingt des Konsumenten.

 

 

 

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