Abteilungsleiter Fahrzeugantriebsysteme bei der Empa, Christian Bach, verrät im Interview erste Erkenntnisse aus dem «move»-Projekt.
Wer ist als Partner am Mobilitätsdemonstrator «move» beteiligt?
Im «move» sind Partner der öffentlichen Hand, aus der Energie- und Fahrzeugbranche, dem Gerätebau sowie Fahrzeugbetreiber vertreten. Es freut uns, dass auch eine Zusammenarbeit mit der Erdöl-Vereinigung (EV) vereinbart werden konnte. Die EV nimmt mit der Versorgung der Tankstellen mit Energie und ihrem Betrieb eine wichtige Schnittstelle zwischen dem Energiesystem und der Mobilität ein.
Interessant an «move» ist unter anderem die Praxisnähe der Projekte. Werden die Zapfsäulen von move auch durch «normale» Mobilitätskonsumenten genutzt?
Die Anlage steht primär für eigene Untersuchungen sowie für industrielle und gewerbliche Partner zur Verfügung, die diese Technologien vertieft kennen lernen wollen. Genutzt wird sie hauptsächlich für Projektfahrzeuge, sowie für eine Testflotte mit je einem Elektro-, Plugin-Hybrid-, Hybrid-, Gas- und Wasserstofffahrzeug. Sie steht im Rahmen der Möglichkeiten aber auch für Privatpersonen zur Verfügung. So unterstützen wir zum Beispiel private Kunden mit Brennstoffzellenfahrzeugen, die bei uns Wasserstoff tanken können.
Können erste Erkenntnisse kommuniziert werden?
«move» ist nun seit gut zwei Jahren in Betrieb, und wir sind mit Leistungsfähigkeit und Dynamik der Anlage sehr zufrieden. Auch die damit betriebenen Fahrzeuge funktionieren gut. Zudem erkennen wir bei den Partnern, die die Projektfahrzeuge einsetzen, eine grosse Begeisterung, etwa bei der Schweizer Post, die mit einem unserer Projektfahrzeuge Pakete ausliefert. Technisch ist also vieles klar; bei den Kosten muss allerdings noch gearbeitet werden.
Heute sind noch keine Energiesysteme zur Verfügung, die ähnlich massentauglich sind wie die konventionellen fossilen Treibstoffe. Wie schätzen Sie die Skalierbarkeit der untersuchten Technologien ein? Wo sind die technischen Grenzen, wo die wirtschaftlichen?
Die Technologien sind grundsätzlich gut skalierbar. Die Herausforderung sind die Kosten. Neben dem technischen Zusammenspiel der Anlagen untersuchen wir deshalb auch, wie sich die Wirtschaftlichkeit in verschiedenen Fahrzeuganwendungen darstellt. Dabei analysieren wir auch Skalierungseffekte und die Möglichkeiten, ökologische Mehrwerte monetär nutzbar zu machten.
Wie schätzen die Entwicklung der Verfügbarkeit von erneuerbarem Strom ein?
Es gibt verschiedene Studien, die zeigen, dass wir in Zukunft im Sommerhalbjahr grosse Mengen an erneuerbarer Elektrizität im Strommarkt nicht werden nutzen können. Das ist zwar schon heute so, nur kann dieser Überschuss-Strom derzeit noch exportiert werden. Da unsere Nachbarländer auch viel Photovoltaik aufbauen, ist absehbar, dass dies in Zukunft nicht mehr gehen wird. Kann diese Überschusselektrizität nicht nutzbar gemacht werden, besteht die Gefahr, dass der Zubau von erneuerbarer Elektrizität ins Stocken gerät. Das wollen wir mit synthetischen Treibstoffen verhindern.
Wenn Sie eine konventionelle Tankstelle betreiben würden: ab welchem Zeitpunkt würden Sie in welches neue Energiesystem investieren?
Geeignete Partnerschaften vorausgesetzt, würde ich bereits heute je nach Anwendungsfall komplett undogmatisch entweder in Elektroladestationen, Wasserstofftankstellen oder synthetische gasförmige oder flüssige Treibstoffe investieren; entsprechend den Stärken der jeweiligen Antriebskonzepte.
ZUR PERSON:
Christian Bach hat eine Ausbildung zum Automobil-Ing. FH absolviert mit Weiterbildungsaufenthalten in den USA und leitet seit 2001 die Abteilung Fahrzeugantriebssysteme der Empa.