Was passiert, wenn ein Elektroauto in einem Tunnel oder in einer Tiefgarage Feuer fängt? Die Antwort, die Forscher im Auftrag des Bundesamts für Strassen gefunden haben, gibt Anlass zur Sorge.
Autounfälle passieren täglich. In der Schweiz gibt es pro Jahr rund 9000 Fahrzeugbrände – bei rund 70 000 gemeldeten Unfällen. So ist es nicht erstaunlich, dass es weltweit auch schon zahlreiche Vorfälle mit brennenden Elektroautos gegeben hat.
Während bei herkömmlichen Autos der austretende Treibstoff in Brand geraten kann, sind es bei Elektroautos die Batterien, die eine Brandgefahr darstellen können. Für Personen, die sich in unmittelbarer Nähe befinden, stellt die Rauchentwicklung eine Gefahr dar. Brennt ein E-Fahrzeug und dessen Batterien, kann der Rauch giftige Substanzen wie Flusssäure und Schwermetalle enthalten. Das kann insbesondere beim Brand eines Elektrofahrzeugs in einer Tiefgarage oder in einem Tunnel zu Folgeproblemen führen.
Weil ein solches Ereignis bisher zum Glück noch nie vorgekommen ist, haben es Forscher zu simulieren versucht, in einem internationalen Forschungsprojekt des Bundesamts für Strassen (Astra). Als Schauplatz diente ein weltweit einzigartiger Tunnel: der Versuchsstollen Hagerbach in Flums SG. «Die Belüftung und die Ausmasse des Stollens lassen realitätsgetreue Experimente zu», sagt der Studienleiter Lars Derek Mellert vom Ingenieurbüro Amstein + Walthert in Zürich.
«Wir wollten wissen, ob Elektrofahrzeuge aufgrund ihrer Batterien im Vergleich zu konventionellen Fahrzeugen zu einer erhöhten Brandgefährdung in Strassentunneln führen.» Das Fazit fällt ambivalent aus: Für Tunnelnutzer wird sich die Gefährdungssituation kaum verändern. In schlecht belüfteten Tiefgaragen entstehen jedoch neue Gefahren. «In unmittelbarer Nähe und bei ungünstigen Lüftungssituationen führen Elektrofahrzeugbrände zu neuen und potentiell stärkeren chemischen Gefährdungen», heisst es in der Studie.
In Tiefgaragen sind Batteriebrände am ehesten durch Fehler beim Ladevorgang zu erwarten. Tatsächlich gibt es laut Mellert mehr Brände beim Laden als durch Crashs in eine Leitplanke. «Oft sind die Ladestationen in Tiefgaragen an den ungünstigsten Stellen platziert, etwa bei der Zuluft.» So würden die giftigen Gase und Dämpfe in die Tiefgarage geleitet statt abgeführt, und könnten die für Menschen kritischen Schwellenwerte überschreiten. Die in Tiefgaragen häufig erschwerten Flucht- oder Rettungsmöglichkeiten würden die Situation zusätzlich verschärfen.
Ein pikanter Befund, auch politisch. Sollen Ladestationen in Tiefgaragen verboten werden? Braucht es strengere Vorschriften für die Belüftung? Verkehrspolitiker versichern, die Aussagen des Experten nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Sicherheit sei ein Grundbedürfnis, sagt Nationalrat Martin Candinas (CVP) gegenüber dem Tages-Anzeiger. «Nur kann man nie die absolute Sicherheit haben.» Massnahmen für eine qualitativ gute Belüftung sollten nach seinem Dafürhalten möglichst freiwillig erfolgen. Auch gebe es leicht zu realisierende Anpassungen, etwa die Ladestationen an günstigeren Stellen aufzustellen. Entsprechend äussert sich Nationalrat Thierry Burkart (FDP): «Die Ladestationen in Tiefgaragen sollten an möglichst ungefährlichen Stellen platziert werden, zum Beispiel bei Luftabzugsanlagen.» Andere Politiker fordern, das Astra müsse das Gefährdungspotenzial noch genauer abklären, um anschliessend mögliche Lösungsansätze zu suchen.
Brandschutznormen für Elektroautos sind absolut notwendig. Und das nicht nur bei geschlossenen Räumen. Brennt ein E-Mobil, muss es von der Feuerwehr erst einmal als solches erkannt werden. Danach steht ein komplizierteres und bis zu 24 Stunden dauerndes Löschverfahren an. Selbst Tesla empfiehlt offiziell ihre nach einem Brand «gelöschten» Fahrzeuge noch mindestens einen ganzen Tag im Freien von Personen fernzuhalten. Die Wahrscheinlichkeit von sich wiederholenden Selbstentzündungen ist gross.
Elektroautos: Die Nachfrage hält sich in Grenzen
Um die neuen CO2-Grenzwerte zu erreichen, will AutoSchweiz den Marktanteil von Elektroautos bei Neuzulassungen ab 2020 auf 10 Prozent erhöhen. Heute beträgt dieser erst 2,7 Prozent.