Roland Bilang: Um CO2-neutrale Alternativen zu fossilen Brenn- und Treibstoffen zu entwickeln, benötigt es erneuerbaren und CO2-freien Strom in grossem Ausmass. Zudem sind die Finanzmittel auf die Entwicklung zu fokussieren.
Und schliesslich ist es notwendig, sich von linearen Reduktionszielen zu verabschieden.
Rund die Hälfte der in der Schweiz benötigten Energie wird durch fossile Brenn- und Treibstoffe zur Verfügung gestellt. Auf diesen Fakt wies Roland Bilang im Webinar der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) vom 17. Juni 2020 zum Thema «Energiesystem der Zukunft» hin. Der Weg in die fossilfreie Mobilität führe über sogenannte Drop-In Fuels, erklärte der Geschäftsführer von Avenergy Suisse. Hierbei werden den herkömmlichen Treibstoffen CO2-neutrale Treibstoffe, zum Beispiel Biotreibstoffe, beigemischt. Diese machen derzeit rund 5 Prozent aus.
Der Vorteil dieses Vorgehens liege auf der Hand: «Wir verfügen über die bestehende Beschaffungs-, Lager- und Verteilinfrastruktur, den Fahrzeugpark, die Antriebstechnologie, die Geschäftsmodelle sowie die über die Erfahrung und Akzeptanz», sagte Roland Bilang. Dank der Beimischung dieser Drop-In-Fuels wurden im vergangenen Jahr 600'000 Tonnen CO2-Emissionen verhindert. «Dies entspricht der grössten Einzelanstrengung zur Vermeidung von CO2 in der Schweiz.» Die Branche sei bereit, den Anteil an Biotreibstoff weiter auszudehnen, damit jährlich bis zu 1 Million Tonnen CO2 eingespart werden können.
Nebst Biotreibstoffen sieht Roland Bilang Alternativen wie Wasserstoff und später synthetische Treibstoffe (Synfuels) als wichtige Beiträge zur Vermeidung von CO2-Emissionen. Bereits weit vorangeschritten sei die Entwicklung im Bereich Wasserstoff. Als Herausforderungen nannte Roland Bilang technische Aspekte (Platzbedarf für H2-Tankstellen, Druck/Verdichtung, Logistik) aber auch gesetzliche Anforderungen. Vorangetrieben werde die Entwicklung durch den Förderverein H2-Mobilität Schweiz. Ziel sei es, zeitgleich die Tankinfrastruktur und den H2-Fahreugpark mit rund 1500 Lastwagen aufzubauen. Bei den Synfuels sieht die Branche laut Bilang das grösste Potenzial bei der Luftfahrt: «Als Alternative zu Kerosen kommen technisch nur synthetische Treibstoffe infrage.»
Anders als von der Politik gefordert, sieht Roland Bilang nicht eine lineare Einführung der Synfuels. Noch benötige es einige Jahre an Forschung und Entwicklung. Dann aber könne die Einführung «sehr rasch» erfolgen. «Mit diesem Vorgehen ist die Versorgungssicherheit garantiert. Im Gegensatz zu anderen Energieträgern droht bei den flüssigen Treibstoffen kein Versorgungsengpass», sagte Roland Bilang.
Eine Herausforderung sieht der Avenergy-Suisse-Geschäftsführer bei den derzeit tiefen Preisen für Erdöl. «Es stellen sich folgende Fragen: Überlebt die Cash-Maschine die aktuellen und kommenden wirtschaftlichen und politischen Krisen? Ist die Resilienz garantiert? Verdonnert die Politik profitable Unternehmen zu höheren Abgaben?» Würde der Liter Treibstoff bspw. mit 16 Rappen zusätzlich belastet, kämen pro Jahr 1 Milliarde Franken zusammen, rechnete Roland Bilang vor. Dabei seien wichtige Fragen ungeklärt: «Zwingt uns die Politik Batteriefahrzeuge auf? Und falls dem so ist: Was bedeutet dies für den Treibstoffabsatz und damit für die Höhe der Abgaben? Und nicht zuletzt: Wieviel Geld fliesst künftig in die Entwicklung der neuen Treibstoffe?»
Nur wenn genügend erneuerbarer und im besten Fall CO2-freier Strom zur Verfügung stehe, werde die Umstellung auf CO2-freie Brenn- und Treibstoffe gelingen, fasste Roland Bilang zusammen. Zudem sind die knappen Finanzmittel auf die Entwicklung zu fokussieren, sie dürfen nicht andernorts versanden», forderte der Geschäftsführer von Avenergy Suisse.
25.06.2020