Lockdowns, Schätzungen zu OPEC-Produktion und US-Präsidentenwahlen verunsichern die Ölmärkte.
Deutschland und Frankreich hatten bereits Mitte letzter Woche einen erneuten Lockdown für die kommenden Wochen angekündigt. Die Marktteilnehmer befürchteten in der Folge, die Ölnachfrage Europas könnte dadurch stark in Mitleidenschaft gezogen werden.
Da auch in den USA die Anzahl der Corona-Neuinfektionen in der vergangenen Woche immer wieder neue Rekorde lieferte, fragen sich die Händler, ob auch der zweitgrösste Ölverbraucher der Welt bald wieder zu schärferen restriktiven Massnahmen greifen wird. Gleichzeitig wartet man auf den Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen (3. November), nicht zuletzt auch, weil wohl erst danach wieder die Aussicht auf die Verabschiedung neuer Corona-Hilfen für die US-Wirtschaft besteht, mit denen auch die Ölnachfrage wieder etwas angekurbelt werden könnte.
«Es herrscht wirklich ein hohes Niveau an Unsicherheit da draussen, was die Wahl, den Pfad des Wirtschaftswachstums und diesen neuen Anstieg der Infektionen angeht», fasst Bill O’Grady von Confluence Investment Management die Stimmung zusammen. Seiner Ansicht nach werden sich die Rohölpreise mit einem Anstieg schwertun, solange es keine Anzeichen dafür gibt, dass die Situation langsam wieder besser wird.
Auf der Angebotsseite ist derweil nicht nur kurz- sondern auch mittelfristig mit zunehmendem Verkaufsdruck für die Ölbörsen zu rechnen. Kurzfristig wird die Ölproduktion im Golf von Mexiko wieder steigen, nachdem Hurrikan Zeta sich aufgelöst hat. Dem Bureau of Safety and Energy Enforcement (BSEE) zufolge war die dortige Ölförderung am gestrigen Sonntag bereits nur noch zu 46 Prozent (rund 853.000 B/T) reduziert. Am Freitag waren es noch etwa 66 Prozent gewesen.
Mittelfristig bleibt die Entwicklung der libyschen Ölproduktion im Fokus der Marktteilnehmer. Diese hat nach Angaben des Chefs der National Oil Corporation (NOC), Mustafa Sanalla, mittlerweile ein Niveau von 800.000 B/T erreicht und soll bis Anfang 2021 auf 1,3 Mio. B/T steigen. Experten zufolge soll vor allem die libysche Produktion im Oktober auch zu einem Anstieg der OPEC-Produktion beigetragen haben. Immerhin versuchte Sanalla, die Sorgen der Marktteilnehmer hinsichtlich eines potenziellen Überangebots zu beschwichtigen, als er sagte, dass sein Land Interesse daran habe, «ein Gleichgewicht in Sachen Angebot und Nachfrage zu erreichen».
Die nächsten Versammlungen von OPEC und OPEC+ am 30. November und am 1. Dezember werden daher mit Spannung erwartet. Sollten sich die Produzenten nicht auf eine Verlängerung der Kürzungen einigen können, dürfte dies für einen erneuten Preisrutsch sorgen.
Quellmaterial: Futures-Services Mineralöldienst
2.11.2020