Die Freigaben strategischer Ölreserven der letzten Woche vermochte die Märkte zu beruhigen. Die Unsicherheit ist aber noch nicht verschwunden, da noch unklar ist, ob mit der neuen Variante des Coronavirus wieder neue, globale Lockdowns not-wendig werden. Dies ist die größte Sorge der Marktteilnehmer, denn Lockdowns würden den weltweiten Wirtschaftsaufschwung ins Wanken bringen und damit auch die Ölnachfrage wieder einbrechen lassen. Damit würde sich der für das erste Quartal 2022 prognostizierte Angebotsüberschuss weiter verschärfen.
Analysten sind sich einig, dass der Preisrutsch von Freitag wahrscheinlich etwas übertrieben war. Wir sehen am Montag der neuen Woche deshalb eine gewisse Kor-rektur dieser Überreaktion.
Dieser Meinung ist auch ein Marktanalyst. Der Preisrutsch wird wahrscheinlich dazu führen, dass die OPEC (Organisation erdölexportierender Länder) ihre für Januar geplante Erhöhung der Fördermenge um 400.000 Barrel pro Tag aussetzen wird. Der Analyst rechnet allerdings auch damit, dass die Marktteilnehmer die günstigen Preise diese Woche erst einmal für schnelle Käufe ausnutzen werden, auch wenn die mittelfristige Ölnachfrage bisher noch nicht abzuschätzen ist.
Die OPEC+ hat unterdessen zwei technische Sitzungen verschoben, um ihren Aus-schüssen mehr Zeit zu geben, die Auswirkungen der Omikron-Variante genauer zu beobachten. Die Vollversammlungen finden wie geplant am Mittwoch und am Don-nerstag statt. Einfach dürfte es für die OPEC+ diesmal nicht werden, da die Allianz zahlreiche Faktoren zu berücksichtigen hat. Dazu gehören neben Corona auch die zusätzlichen Mengen aus den strategischen Reserven, die die USA gemeinsam mit China und anderen Länder freigeben will.
Auch die Möglichkeit zusätzlicher Mengen aus dem Iran dürfte ein Thema für die OPEC+ sein, nachdem die Gespräche über das Atomabkommen mit Teheran diese Woche wieder aufgenommen werden sollen. Nach monatelangem Stillstand hatten die beteiligten Partner sich endlich wieder auf eine Rückkehr an den Verhandlungs-tisch einigen können. Direkte Gespräche zwischen Teheran und Washington wird es allerdings zunächst nicht geben. Die Fronten zwischen den beiden Ländern bleiben verhärtet, so dass eine Aufhebung der Sanktionen, die nötig wäre, um mehr irani-sches Öl freizusetzen, wahrscheinlich nicht so schnell passieren wird.
Auch wenn die Ölfutures an ICE (international commodities exchange) und NYMEX (New York Mercantile Exchange) zu Wochenbeginn einen leichten Erholungsversuch starten, bleibt die fundamentale Grundsituation bärisch, da die Unsicherheiten in Bezug auf Omikron bestehen bleiben.