In der vergangenen Woche legten die Preise der Rohölsorten Brent und WTI an den Rohstoffbörsen wieder leicht zu, nachdem sie in der Woche zuvor beträchtlich gesunken waren wegen des zunächst ausbleibenden Angebotsschocks, den man aufgrund des EU-Embargos auf russisches Rohöl sowie der Preisobergrenze für russische Ölexporte befürchtet hatte. Zu dem Preisanstieg trug vor allem der Anfang letzter Woche schwächere Dollar bei.
Auf der Angebotsseite steht die Wiederinbetriebnahme eines Teils der Keystone-Pipeline im Fokus, die täglich bis zu 622 000 Fass Rohöl aus Kanada in die USA exportieren kann, und die eine der wichtigsten Versorgungsadern der USA darstellt. Am 16. Dezember wurde zudem bekannt, dass die durch den Pipeline-Ausfall entstandenen Versorgungsengpässe mit 2 Mio. Fass Rohöl aus den strategischen Ölreserven der USA abgefedert werden sollen.
Die US-Ölindustrie rüstet sich für den Förderbetrieb während der Kältewelle, die derzeit über die USA hinwegrollt. Nach ersten Schätzungen hat der Schneesturm, der sich letzte Woche über den Norden der USA hinwegbewegte, die Ölproduktion des Bundesstaates North Dakota bereits um etwa 200 000 bis 250 000 Fass pro Tagsinken lassen, was einem Rückgang von etwa 18 bis 22 Prozent entspricht. North Dakota, in dem auch ein Großteil des Bakken-Schieferölfeldes liegt, liegt unter den US-Bundesstaaten mit der größten Ölproduktion auf dem dritten Platz. Während die winterlichen Ausfälle für den Norden der USA jedoch nicht unüblich sind, dürfte die Schieferölindustrie im Süden der USA durch die Kältewelle vor stärkeren Herausforderungen stehen.
Bezüglich der Nachfrage richten die Marktteilnehmer ihre Aufmerksamkeit erneut auf China. Die Ankündigungen der Regierung der Volksrepublik lassen eigentlich eine steigende Ölnachfrage erwarten. Aber es ist schwer absehbar, wie stark sich das Corona-Virus nach den jüngsten Lockerungen wieder im Land ausbreiten wird. Die Angst vor einer Ansteckung hatte viele chinesische Bürger trotz der jüngsten Lockerungen eher zur Vorsicht tendieren lassen.